Nordkorea hat die Bombe - Internationale Auswirkungen
Nun hat die Regierung Nordkoreas das zugegeben, was die USA ihr schon lange
unterstellen. Nordkorea hat Atombomben. Auch die Gespräche über das Atomprogramm, die
sogenannten Sechs-Parteien-Gespräche mit Russland, China, Japan, Südkorea und den USA,
hat Nordkorea bis auf weiteres verlassen. Fragen dazu an Ottfried Nassauer, Leiter des
Berliner Informationszentrums für Transatlantische Sicherheit.
NDR Info: Herr Nassauer, bedeutet es wirklich eine neue Qualität, dass
Nordkorea, als ein Land unter vielen anderen, nun auch die Atombombe hat?
Nassauer: Die Bedeutung der Entscheidung Nordkoreas liegt erstens darin,
dass es sich zeigt, dass die Druckpolitik der USA, Nordkorea mit allen Mitteln daran zu
hindern, die Atomwaffe zu bauen, nicht funktioniert hat. Es zeigt zweitens, dass eine
Situation entstehen kann, und zwar in Blick auf den Fernen Osten, dass sich auch weitere
Länder überlegen, ob sie jetzt wegen Nordkorea die nukleare Option wieder aufleben
lassen sollen. Ich denke da nur an einen Staat wie Japan. Drittens, es bedeutet natürlich
eine Verschärfung der Konfrontation in Ostasien im allgemeinen Sinne, und es bedeutet
viertens, eine komplexe, schwierige Situation für die Volksrepublik China, die ja ein
Nachbar Nordkoreas ist, und die damit in Nordkorea einen Staat vorfindet, dessen Verhalten
sie auch als Nuklearmacht versuchen muss zu beeinflussen.
NDR Info: Glauben Sie denn tatsächlich, dass Nordkorea die Atombombe
gebaut hat? Ein so abgeschottetes Land, das so arm ist?
Nassauer: Es ist seit Jahren umstritten, ob Nordkorea wirklich die
Atomwaffe hat. Es gibt Gerüchte, dass sie es können, es gibt Gerüchte, dass sie sie
seit einigen Jahren haben. Mit letzter Sicherheit kann man es nicht sagen. Aber wenn
Nordkorea jetzt sagt, dass es sie hat, dann kann es einerseits sozusagen psychologische
Kriegsführung sein, es kann aber auch auf der anderen Seite auch wirklich der Realität
entsprechen, weil die Voraussetzungen hinsichtlich des Nuklearmaterials gegeben sind. Und
damit ist in der Tat eine Situation eingetreten, in der sich für die Nachbarn eine
psychologisch neue Qualität ergibt, nicht unbedingt eine faktisch neue, aber eine
psychologisch neue.
NDR Info: Gibt es denn noch jemanden, der die Chance hätte, auf
Nordkorea nun einzuwirken, doch die Finger zu lassen von Atombomben?
Nassauer: Diese Chance gibt es im Prinzip schon. Das wären vor allem die
Chinesen und die Russen. Das Problem besteht nur darin, solange die Amerikaner da nicht
mitspielen und da voll hinter stehen, wenn jemand versucht, da zu vermitteln, ist es für
Nordkorea eine schwierige Situation. Genau wie im Falle des Irans geht es ja letztlich
darum, dass dieses Land auch eine Sicherheitsgarantie gegen einen potentiellen
amerikanischen Angriff bekommt. Das Problem auf nordkoreanischer Sicht besteht darin, dass
die Kombination aus mit am Tisch sitzen und immer auch mal wieder mit einer militärischen
Überraschung zu drohen oder Nordkorea sozusagen an den Pranger zu stellen, das passt mit
den nordkoreanischen Bildern nicht zusammen, und deswegen sagen sie, mit dieser
Administration werden wir auch in der zweiten Wahlperiode nicht klar kommen.
NDR Info: Halten Sie es denn für möglich, das die USA einen Schlag
durchführen würde gegen Nordkorea?
Nassauer: Ich halte es für ziemlich unwahrscheinlich, dass die
Amerikaner gegen die Nordkoreaner mit militärischen Mitteln vorgehen, aus zwei Gründen.
Der eine ist so ähnlich wie beim Iran, es ist technisch sehr schwierig, und er zweite
besteht darin, dass es auch innenpolitisch für George W. Bush ziemlich kompliziert wäre,
für einen Militärschlag gegen Nordkorea eine Mehrheit innenpolitisch zusammen zu
kriegen. Das dürfte deswegen schwierig sein, weil die christlich Rechte, also die
Mehrheit der Wähler von George W. Bushs, einen Krieg und außenpolitisches Engagement mit
militärischen Mitteln im Fernen Osten, im Gegensatz zum Nahen Osten, wohl kaum billigen
würde. Im Nahen Osten geht es ja immer auch um die Sicherung des Existenzrechts Israels,
und da sind natürlich die christlichen Rechten durchaus eher für zu gewinnen, als für
einen Waffengang im Fern-Ost.
ist freier Journalist und leitet
das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS
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