Gastbeitrag
Streitkräfte und Strategien - NDR info
01. Dezember 2007


Nichts als Ärger und Probleme?
Die Last mit dem Eurofighter

Andreas Flocken

Sie sollen die Sicherheit im deutschen Luftraum gewährleisten, stehen rund um die Uhr bereit und können innerhalb weniger Minuten starten. Die Rede ist von den so genannten Alarmrotten der Luftwaffe – das sind jeweils zwei Phantom-Jagdflugzeuge, die im ostfriesischen Wittmund und Neuburg in Bayern stationiert sind. Eigentlich war geplant, die Alarmrotte in Süddeutschland zum Jahreswechsel durch zwei Eurofighter zu ersetzen. In der Luftwaffe wurde bereits von einem Meilenstein gesprochen. Daraus wird nun doch nichts – weil es auch drei Jahre nach der Übergabe der ersten Maschine an die Bundeswehr Probleme mit dem Kampfflugzeug gibt. Keineswegs nur "Kinderkrankheiten". Nun heißt es, im Sommer 2008 werde der Eurofighter die Alarmrotte in Neuburg stellen. Aber sicher ist das nicht. Denn zu hören ist, dass es u.a. Schwierigkeiten mit der Bordkanone gibt. Außerdem habe bisher noch kein Pilot des Geschwaders mit dem Eurofighter die neue Luft-Luft-Rakete IRIS-T verschossen. In der Tat - ein faktisch unbewaffneter Eurofighter als Alarmrotte - das macht keinen Sinn.

180 dieser Kampfflugzeuge hat die Bundeswehr bestellt, für knapp 17 Milliarden Euro. Es ist das teuerste Rüstungsprojekt der Bundeswehr. Hinzu kommen noch 6 Milliarden Euro für Entwicklungskosten. Und für die Bewaffnung müssen zusätzlich mehr als eine Milliarde Euro ausgegeben werden - weitere Kostensteigerungen nicht ausgeschlossen. Bisher sind lediglich 36 Flieger ausgeliefert worden – mit großer Verspätung. Es heißt, nur zwei dieser Maschinen seien zurzeit auf dem technisch neuesten Stand. Block 5, so heißt der Fähigkeitsstandard, den die Maschinen eigentlich schon lange haben sollten. Zur Nachrüstung müssen die gerade ausgelieferten Eurofighter wieder zurück zum Hersteller EADS. Zurzeit sollen dort ca. 10 Maschinen stehen. Die Arbeiten dauern rund 9 Monate – pro Maschine. Viel zu lange, monieren Kritiker, verweisen darauf, die Industrie habe versprochen, das ganze würde nicht länger als sechs bis acht Wochen dauern. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus.

Angesichts dieser Lage verwundert es nicht, dass der Ausbildungsplan für die angehenden Eurofighter-Piloten hoffnungslos in Rückstand geraten ist. Der Frust bei den Betroffenen ist entsprechend groß. Zurzeit werden im Ausbildungszentrum der Luftwaffe, im Jagdgeschwader 73 im mecklenburgischen Laage, lediglich Phantom-Piloten auf Eurofighter umgeschult. Die Zahl der bisher ausgebildeten Jet-Piloten ist überschaubar. Denn der Lehrgang umfasst in der Regel rund 10 Offiziere und dauert ca. 6 Monate.

Verschärft wird die Misere durch den Umstand, dass in Laage auch mehr als 20 angehende Eurofighter-Piloten aus Österreich ausgebildet werden. Es hat bereits Klagen gegeben, die Umschüler aus der Alpenrepublik nähmen deutschen Piloten Flugstunden weg. Österreich bekommt zudem sechs seiner bestellten 15 Eurofighter aus dem Bestand der deutschen Luftwaffe. Die Maschinen sollen aber fast neuwertig sein, d.h. sie dürfen nicht mehr als 100-200 Flugstunden auf dem Buckel haben. Für den Ausbildungsbetrieb in Laage bedeutet das, diese Eurofighter stehen nur noch eingeschränkt zur Verfügung. Hinzukommt: Der so genannte Klarstand der Eurofighter liegt z.Zt. bei 50 Prozent, d.h. nur jede zweite vorhandene Maschine ist einsatzbereit. In den vergangenen Jahren standen noch weniger Flugzeuge für den Übungsbetrieb zur Verfügung. Junge Piloten, die gerade ihrer fliegerische Grundausbildung im texanischen Sheppard absolviert haben, und ursprünglich für den Eurofighter vorgesehen waren, hängen daher in der Luft, befürchten bereits mit 25 Jahren einen Karriere-Knick.

Und die älteren Piloten? Auch hier ist mancher sauer, weil er angesichts der Verzögerungen befürchtet, beim Eurofighter überhaupt nicht mehr zum Zuge zu kommen. Denn Voraussetzung für eine Umschulung ist eine Restdienstzeit von mindestens drei Jahren. Mit 41 endet aber in der Regel für Jetpiloten die Dienstzeit.

Die Stimmung bei den betroffenen Piloten ist also alles andere als gut. Denn befürchtet wird, dass sich die Situation im kommenden Jahr noch verschärfen könnte. Nach außen gibt sich die Luftwaffe trotzdem gelassen. Im vergangenen Monat beschäftigten sich zwei im Verteidigungsministerium für den Eurofighter zuständige Stabsoffiziere in der Fachzeitschrift EUROPÄISCHE SICHERHEIT mit der Einführung der Maschine im Jagdgeschwader 74 in Neuburg. Von den konkreten Problemen mit dem Eurofighter erfährt der Leser allerdings so gut wie nichts. Stattdessen ist von großen Herausforderungen die Rede. Und zum Abschluss stellen die Autoren fest:

Zitat:
"Auch die derzeitige, allerdings nur temporäre, Situation einer limitierten Anzahl von Luftfahrzeugen kann die Geschwaderangehörigen nicht davon abhalten, unbeirrt ihren Weg in die neue Ära fortzusetzen."

Nicht nur für die betroffenen Piloten klingt das sehr nach Durchhalteparolen.


 

Andreas Flocken ist Redakteur für die Hörfunk-Sendung "Streitkräfte und Strategien" bei NDRinfo.