Nichts als Ärger und Probleme?
Die Last mit dem Eurofighter
Andreas Flocken
Sie sollen die Sicherheit im deutschen Luftraum gewährleisten, stehen rund um die Uhr
bereit und können innerhalb weniger Minuten starten. Die Rede ist von den so genannten
Alarmrotten der Luftwaffe das sind jeweils zwei Phantom-Jagdflugzeuge, die im
ostfriesischen Wittmund und Neuburg in Bayern stationiert sind. Eigentlich war geplant,
die Alarmrotte in Süddeutschland zum Jahreswechsel durch zwei Eurofighter zu ersetzen. In
der Luftwaffe wurde bereits von einem Meilenstein gesprochen. Daraus wird nun doch nichts
weil es auch drei Jahre nach der Übergabe der ersten Maschine an die Bundeswehr
Probleme mit dem Kampfflugzeug gibt. Keineswegs nur "Kinderkrankheiten". Nun
heißt es, im Sommer 2008 werde der Eurofighter die Alarmrotte in Neuburg stellen. Aber
sicher ist das nicht. Denn zu hören ist, dass es u.a. Schwierigkeiten mit der Bordkanone
gibt. Außerdem habe bisher noch kein Pilot des Geschwaders mit dem Eurofighter die neue
Luft-Luft-Rakete IRIS-T verschossen. In der Tat - ein faktisch unbewaffneter Eurofighter
als Alarmrotte - das macht keinen Sinn.
180 dieser Kampfflugzeuge hat die Bundeswehr bestellt, für knapp 17 Milliarden Euro.
Es ist das teuerste Rüstungsprojekt der Bundeswehr. Hinzu kommen noch 6 Milliarden Euro
für Entwicklungskosten. Und für die Bewaffnung müssen zusätzlich mehr als eine
Milliarde Euro ausgegeben werden - weitere Kostensteigerungen nicht ausgeschlossen. Bisher
sind lediglich 36 Flieger ausgeliefert worden mit großer Verspätung. Es heißt,
nur zwei dieser Maschinen seien zurzeit auf dem technisch neuesten Stand. Block 5, so
heißt der Fähigkeitsstandard, den die Maschinen eigentlich schon lange haben sollten.
Zur Nachrüstung müssen die gerade ausgelieferten Eurofighter wieder zurück zum
Hersteller EADS. Zurzeit sollen dort ca. 10 Maschinen stehen. Die Arbeiten dauern rund 9
Monate pro Maschine. Viel zu lange, monieren Kritiker, verweisen darauf, die
Industrie habe versprochen, das ganze würde nicht länger als sechs bis acht Wochen
dauern. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus.
Angesichts dieser Lage verwundert es nicht, dass der Ausbildungsplan für die
angehenden Eurofighter-Piloten hoffnungslos in Rückstand geraten ist. Der Frust bei den
Betroffenen ist entsprechend groß. Zurzeit werden im Ausbildungszentrum der Luftwaffe, im
Jagdgeschwader 73 im mecklenburgischen Laage, lediglich Phantom-Piloten auf Eurofighter
umgeschult. Die Zahl der bisher ausgebildeten Jet-Piloten ist überschaubar. Denn der
Lehrgang umfasst in der Regel rund 10 Offiziere und dauert ca. 6 Monate.
Verschärft wird die Misere durch den Umstand, dass in Laage auch mehr als 20 angehende
Eurofighter-Piloten aus Österreich ausgebildet werden. Es hat bereits Klagen gegeben, die
Umschüler aus der Alpenrepublik nähmen deutschen Piloten Flugstunden weg. Österreich
bekommt zudem sechs seiner bestellten 15 Eurofighter aus dem Bestand der deutschen
Luftwaffe. Die Maschinen sollen aber fast neuwertig sein, d.h. sie dürfen nicht mehr als
100-200 Flugstunden auf dem Buckel haben. Für den Ausbildungsbetrieb in Laage bedeutet
das, diese Eurofighter stehen nur noch eingeschränkt zur Verfügung. Hinzukommt: Der so
genannte Klarstand der Eurofighter liegt z.Zt. bei 50 Prozent, d.h. nur jede zweite
vorhandene Maschine ist einsatzbereit. In den vergangenen Jahren standen noch weniger
Flugzeuge für den Übungsbetrieb zur Verfügung. Junge Piloten, die gerade ihrer
fliegerische Grundausbildung im texanischen Sheppard absolviert haben, und ursprünglich
für den Eurofighter vorgesehen waren, hängen daher in der Luft, befürchten bereits mit
25 Jahren einen Karriere-Knick.
Und die älteren Piloten? Auch hier ist mancher sauer, weil er angesichts der
Verzögerungen befürchtet, beim Eurofighter überhaupt nicht mehr zum Zuge zu kommen.
Denn Voraussetzung für eine Umschulung ist eine Restdienstzeit von mindestens drei
Jahren. Mit 41 endet aber in der Regel für Jetpiloten die Dienstzeit.
Die Stimmung bei den betroffenen Piloten ist also alles andere als gut. Denn
befürchtet wird, dass sich die Situation im kommenden Jahr noch verschärfen könnte.
Nach außen gibt sich die Luftwaffe trotzdem gelassen. Im vergangenen Monat beschäftigten
sich zwei im Verteidigungsministerium für den Eurofighter zuständige Stabsoffiziere in
der Fachzeitschrift EUROPÄISCHE SICHERHEIT mit der Einführung der Maschine im
Jagdgeschwader 74 in Neuburg. Von den konkreten Problemen mit dem Eurofighter erfährt der
Leser allerdings so gut wie nichts. Stattdessen ist von großen Herausforderungen die
Rede. Und zum Abschluss stellen die Autoren fest:
Zitat:
"Auch die derzeitige, allerdings nur temporäre, Situation einer limitierten
Anzahl von Luftfahrzeugen kann die Geschwaderangehörigen nicht davon abhalten, unbeirrt
ihren Weg in die neue Ära fortzusetzen."
Nicht nur für die betroffenen Piloten klingt das sehr nach Durchhalteparolen.
Andreas Flocken ist Redakteur für die Hörfunk-Sendung
"Streitkräfte und Strategien" bei NDRinfo.
|