Y. - Magazin
Februar 2003

 

Viele Schurken – viele Standards?

  Otfried Nassauer

George W. Bush hat ein klares Bild vom Feind. Terroristen und deren staatliche Helfer sowie jene, die nach Massenvernichtungswaffen streben, müssen mit Amerikas starkem militärischen Arm rechnen. Afghanistan ist der Präzedenzfall für ersteres, gegen den Irak wird der für das Zweite geschaffen. George W. Bush wartet nicht, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist. Er signalisiert die Bereitschaft, zuerst zuzuschlagen. Doch halt. So einfach ist das Ganze nicht. Nordkoreas Diktator, Kim Yong Il, stellt Bush aus dem fernen Pjöngjang vor wichtige Fragen. Nordkorea hat ohne Zweifel ein militärisches Nuklearprogramm; im Irak muß sich dies erst noch erweisen. Nordkorea ist vielleicht bereits Atommacht, der Irak sicher nicht. Warum also Krieg gegen den Irak und Diplomatie im fernen Osten? Nordkorea stellt Washington vor die Frage, ob die USA eine Politik „vieler Kriege" oder eine „vieler Standards" gegenüber der „Achse des Bösen" und den „Schurken" dieser Welt praktizieren will. Doch wenn erst einmal begonnen wird, die Schurken differenziert wird, gibt es dann nicht bald auch „tolerierbare Schurken" und „gute Schurken". Wohin gehören dann Pakistan? Wohin Indien? Wohin Israel?

 

ist freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit (BITS).