TAZ
22. Mai 2013


Das Debakel um die Euro-Hawk-Drohne ist nur der Anfang

Vom Traum zum Albtraum

Otfried Nassauer


Vor wenigen Monaten noch waren sie die große Hoffnung der Luftwaffe. Drohnen gehöre die Zukunft, hieß es. Zunächst zur Aufklärung, dann für den Kampf gegen Bodenziele und schließlich für den Luftkampf. Bezahlbar, effektiv, ressourcenschonend und ideal für asymmetrische Kriege, wie sie Hightech-Länder gegen technologisch unterlegene Gegner führen. Der Traum ist ausgeträumt. Vorläufig. Er wird gerade zum Albtraum derer, die ihn zu intensiv geträumt haben.

Das Debakel um die mehr als 500 Millionen Euro, die in die Euro-Hawk-Drohne „fehlinvestiert“ wurden, ist nur der Anfang. Es kommt schlimmer. Der Euro Hawk basiert auf dem US-Modell Global Hawk. Auf diesem Luftfahrzeug beruht auch das Nato-System AGS.

Gegen große Skepsis und mit viel Einsatz setzte Verteidigungsminister Thomas de Maizière im Frühjahr 2012 die Beschaffung durch. Der deutsche Kostenanteil für dieses System beläuft sich auf rund eine halbe Milliarde Euro. De Maizière plante, zusätzlich zu den fünf Drohnen der Allianz vier weitere zu beschaffen, um sie der Nato im Bedarfsfall zur Verfügung zu stellen. Finanziert mit deutschen Steuergeldern. Daraus wird wohl nichts.

Der Global Hawk kann wahrscheinlich ebenso wenig mit einer Zulassung rechnen wie der Euro Hawk. Eines allerdings ist anders: Als der Global Hawk 2012 bestellt wurde, wusste das Verteidigungsministerium um das Problem mit der Zulassung. Es sagt selbst, dies sei im Jahr 2011 klar geworden. Bei AGS lief man also sehenden Auges in die Katastrophe.

Noch im Frühjahr 2013 bereitete das Ministerium die nächste Fehlentscheidung vor: Vor der Bundestagswahl sollte im Hauruckverfahren die Entscheidung fallen, bewaffnete Drohnen für die Bundeswehr zu kaufen. Auch diese Drohnen hätten in Europa auf absehbare Zeit keine Zulassung erhalten. Thomas de Maizière liebt es offenbar, den Lemming zu spielen.

Klar ist: Seit Mitte des letzten Jahrzehnts arbeitet die EU am Single European Sky, dem einheitlichen europäischen Luftraum, und seiner technischen Umsetzung SESAR für das Luftverkehrsmanagement. Mit diesem Mammutprojekt werden auch die Standards und Rahmenbedingungen definiert, an denen sich die Integration von Drohnen orientieren muss. Dass dies seine Zeit braucht, hätten sich die Luftwaffenplaner denken können. Aber sie hielten sich selbst wohl wieder einmal für eine 'Force Majeur' – für eine höhere Gewalt.


ist freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit - BITS