Kleinwaffen Newsletter
März 2007


Der letzte König von Schottland und die
Braut des deutschen Soldaten

von Roman Deckert

Hinweis:
Für ein historisches Photo vom G3-Einsatz in Uganda siehe:
http://www.stern.de/politik/historie/584910.html?q=Idi+Amin&cp=10


Die monströse Macht des ugandischen Diktators Idi Amin kam aus G3-Gewehrläufen – Hunderttausende Zivilisten bezahlten während seiner Schreckensherrschaft (1971-1979) dafür mit ihrem Leben. Den Beweis liefert der Kinofilm "Der letzte König von Schottland", für den Amin-Darsteller Forest Whitaker den Oscar erhalten hat. Das Sturmgewehr von Heckler & Koch ist in fast jeder Szene zu sehen. Weil vor Ort gedreht wurde, sind auch die Schießrequisiten Originale: sie stammen tatsächlich aus den Depots der ugandischen Armee!

Schon kurz nach seiner blutigen Machtergreifung ließ sich Amin von Heckler-Vertretern G3, MP5-Maschinenpistolen und HK21-Maschinengewehre vorführen. Zwar lehnte die sozial-liberale Bundesregierung eine Ausfuhrgenehmigung ab. Aber statt dessen lieferte die französische Manufacture Nationale dīArmes de St. Etienne noch 1971 zehntausend G3 aus eigener Lizenzfertigung. Das Bonner Außenamt wies seine Botschaft in Kampala an, den Deal geflissentlich zu ignorieren. Experten zufolge erhielt Amin später noch G3 aus saudischer Lizenzproduktion, während Libyen den Kauf von Mercedes-Lkw finanzierte.

Auch die von Tansania unterstützten Rebellen töteten mit Heckler-Technik. Als Amin 1973 Beutestücke präsentierte, antworteten die westdeutschen Diplomaten lapidar, "Guerillas könnten sich natürlich Waffen jeden Typs besorgen". Tansania hatte Tausende G3 – die "Braut des deutschen Soldaten" – aus Oberndorf bezogen. Das Auswärtige Amt genehmigte die Exporte bis 1971 trotz des Verdachts, dass der Frontstaat Aufständische in Biafra und Mosambik aufrüstete. Selbst nach dem Ausbruch des ugandisch-tansanischen Konflikts gab es grünes Licht für Munition, Mercedes-Panzertransporter und -Unimogs.

Amins Sturz durch eine ugandisch-tansanische Streitmacht beendete die Herrschaft der Waffen in der einstigen "Perle Afrikas" nicht. Unter Milton Obote (1981-1985) wurden nochmals Hunderttausende getötet. Die am meisten verwendeten Mordinstrumente: G3, HK21 sowie Maschinenpistolen AK47 und AKM aus DDR-Produktion. Bis heute führen die Kindersoldaten der Lordīs Resistance Army die Rebellion in Norduganda mit diesen Waffen fort. An Nachschub besteht kein Mangel, die ganze Region wurde jahrzehntelang mit deutschen Waffen vollgepumpt: der Sudan mit Heckler- und Rheinmetall-Gerät aus deutscher, saudischer, iranischer und pakistanischer Herstellung, Kenia mit britischen G3 und Äthiopien mit ostdeutschen Kalaschnikows. Das Ergebnis sind Abermillionen Tote, Vertriebene und Traumatisierte.

Deutschland muss diese historische Verantwortung eingestehen. Da Staat und Rüstungskonzerne an den tödlichen Lizenz-Geschäften verdienten, sollten sie für die Folgekosten zahlen – etwa durch massive Entwaffnungsprogramme. Es ist allzu bezeichnend, dass sich die Bonner Diplomatie mehr um einen Faustkampf sorgte als um G3-Arsenale. Als Ex-Boxchamp Amin 1976 den früheren Schwergewichts-Europameister Karl Mildenberger für einen Fight gewinnen wollte, drängte das Auswärtige Amt den Pfälzer, "dass er diesen Kampf wohl verlieren müsse". Da er sich unbeeindruckt zeigte, versuchten die Beamten, den Export seiner Fäuste über das Außenwirtschaftsgesetz zu verbieten. Amtliche Initiativen, den Handel mit deutscher Kriegstechnik aus ausländischer Lizenzproduktion zu stoppen, hat es indes bis heute nicht gegeben.


 

ist Mitarbeiter im Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit (BITS) und schreibt seine Doktorarbeit über das Thema “Die beiden deutschen Staaten und der Sudan”.