ami
06/2002

 

US-Basen in Spanien: Zwischen Streik und Krieg

Gerhard Piper

Mit dem amerikanisch-spanischen Militärabkommen vom 26. September 1953 konnten die USA Truppenteile auf der iberischen Halbinsel stationieren und die faschistische Diktatur von General Francisco Franco an die NATO anbinden. Nach dem Ende des Kalten Krieges zogen die USA ihre Streitkräfte weitgehend ab. Heute sind Rota und Morón de la Frontera die einzigen US-Militärstützpunkte und dienen als Drehscheibe für Interventionen im Nahen Osten und in Nordafrika. Verteidigungsminister Federico Trillo-Figueroa sagte der US-Regierung die "bedingungslose" Unterstützung Spaniens für den sogenannten Krieg gegen den Terrorismus zu. (1) Während die US-Regierung längerfristig ihre Truppenpräsenz in Europa abbauen will, sollen die Stützpunkte in Spanien noch ausgebaut werden. Dies vereinbarten beide Regierungen im April 2002 in einem neuen Truppenstationierungsabkommen. Allerdings liegt ein Schatten auf den amerikanisch-spanischen Militärbeziehungen: Die spanischen Arbeiter in Diensten der US-Streitkräfte streiten seit zweieinhalb Jahren für höheren Lohn und mehr Rechte.

 

Der Streik der spanischen Zivilbediensteten

Im Jahre 1999 erließ die spanische Regierung von José María Aznar ein neues Begleitgesetz zum Haushaltsgesetz (Ley de Acompanamiento de los Presupuesto Generales del Estado), das für die spanischen Arbeitnehmer bei den US-Streitkräften in Rota und Morón de la Frontera gravierende Gehaltseinbußen brachte. Bis dahin war ihr Lohn gemäß einem Vertrag vom 11.5.1971 gestückelt gewesen. Ein Teil des Einkommens (Consolidated Regular Pay) mußte gegenüber dem spanischen Finanzamt versteuert werden, der Rest (U.S. Forces Special Supplement bzw. suplemento especial americano) blieb steuerfrei. (2) Mit dem neuen Gesetz muß seit dem 1. Januar 2000 das gesamte Einkommen versteuert werden. Für die Arbeitnehmer führte dies zu Lohneinbußen von bis zu 30 Prozent. (3) Dagegen protestieren seit dem 5. Januar 2000 die Arbeiter. Betroffen sind rund 1.270 Personen in Rota und etwa 320 Arbeitnehmer in Morón. Sie sind zudem in einer schwierigen Lage, weil sie zwar vom amerikanischen Pentagon entlohnt werden, aber bis heute nur einen Arbeitsvertrag mit dem spanischen Verteidigungsministerium haben. Ein Ende des Arbeitskonfliktes ist nicht abzusehen, weil sich die US-Regierung und die Regierung in Madrid gegenseitig den "schwarzen Peter" zuschieben. Nach Angaben der amerikanischen Militärs hatte sich das frühere Modell der Besteuerung bewährt, erst die spanische Regierung habe durch ihr neues Steuersystem das Problem erzeugt, daher läge es nur an ihr, den Arbeitskonflikt zu lösen. Außerdem verweist man in Washington darauf, daß das Pentagon durch keinerlei Arbeitsverträge gebunden sei. Dagegen meint die spanische Regierung, nur die US-Regierung könne das Problem lösen, da die spanischen Arbeiter von der Regierung in Madrid bisher keinerlei Gehaltszahlungen erhalten haben und daher auch keine Lohnerhöhung fordern könnten. Die US-Streitkräfte müßten lediglich ihre Gehaltszahlungen um den Betrag der Steuerdifferenz erhöhen. Dies wiederum lehnt das Pentagon unter Berufung auf die amerikanische Gesetzeslage strikt ab. (4) Während in anderen Tarifkonflikten die Arbeitnehmer eine Gehaltserhöhung von ein paar Prozent fordern, verlangen die spanischen Arbeiter lediglich, daß sie heute soviel bekommen, wie sie Ende der neunziger Jahre schon mal verdient hatten. Die Rücknahme dieses Reallohnabbaus ist die zentrale Forderung der Arbeiter von Rota. Die Beschäftigten in Morón treibt hingegen noch ein ganz anderes Problem: Weil die Zahl der spanischen Zivilbeschäftigten in Morón mit rund 320 Personen nur gering ist, planen die US-Streitkräfte längerfristig, die Spanier durch Amerikaner zu ersetzen. Zur Zeit hat das Pentagon siebzig offene Stellen in Morón für zivile Mitarbeiter aus den USA ausgeschrieben. (5)

Ein drittes Problem, was die Arbeiter in Rota und Morón in gleicher Weise betrifft, ist die Klärung ihres rechtlichen Status: Als zivile Beschäftigte in militärischen Diensten haben sie nicht dieselben Rechte, wie Arbeitnehmer im Zivilleben. So haben die Arbeitnehmer zwar individuelle Arbeitsverträge, es gibt aber keinen Tarifvertrag. Verfassungsmäßige Bestimmungen (Art. 14 Gleichbehandlungsgrundsatz, Art. 37 Recht auf kollektive Zusammenschlüsse) und Rechte aus dem spanischen Arbeitsrecht (Paragraph 4.1) gelten für die Bediensteten der US-Militärbasen nicht. Im bisherigen Stützpunktabkommen von 1988 haben sich die US-Streitkräfte zusichern lassen, daß die spanischen Arbeitnehmer keine Arbeitsrechte vor spanischen Gerichten gegenüber den US-Streitkräften einklagen können. Andererseits brauchen sich US-Soldaten, die in Spanien Straftaten begannen haben, nicht vor der spanischen Justiz zu verantworten. Für sie sind ausschließlich US-Militärgerichte zuständig. (6) Alle bilateralen Streitfragen werden ausschließlich im Comité Permanente hispano-norteamericano behandelt, das noch aus der Zeit der Franco-Diktatur stammt und in dem nur Militärs vertreten sind. (7) Die spanischen Arbeitnehmer nahmen diese Entmündigung zum Anlaß, um die US-Militärbasen in Spanien mit der britischen Kolonie Gibraltar gleichzusetzen. Sie beschimpften die Regierung in Madrid als "Prügelknaben" der Amerikaner, den Verteidigungsminister Federico Trillo-Figueroa nannten sie eine "Witzfigur". (8)

Die Frage des Status hat Konsequenzen für die praktische Durchführung des Arbeitskampfes: Die Arbeiter werden zwar von mehreren Gewerkschaften (CCOO, UGT) unterstützt, diese dürfen aber in den Kasernen selbst nicht tätig werden und keine Büros unterhalten. Ein "Streik" im herkömmlichen Sinne ist nicht möglich, da die Arbeiter sofort entlassen werden würden. Stattdessen veranstalten die Arbeiter seit zweieinhalb Jahren gelegentliche Arbeitsniederlegungen von mehreren Stunden Dauer. Ein halbes Jahr lang versperrten sie jeden Morgen einen der Kaserneneingänge. Sie machten Demonstrationen und Straßenblockaden, protestierten vor der andalusischen Landesregierung in Sevilla. Im Bundesparlament in Madrid stritten die Abgeordneten über den Arbeitskampf in Rota und Morón. (9) Der König von Spanien wollte am 24.5.2001die Militärbasis in Rota besuchen, traute sich dann aber doch nicht und sagte seine Visite ab. (10) Am 5. und 6. April 2002 besetzten die Arbeiter vorübergehend das Rathaus in Rota; selbst der lokale Bürgermeister beteiligte sich an dieser Protestaktion. Alle Streikaktionen werden vom gewerkschaftlichen Arbeiterkomitee (Comité de Establecimiento Personal Laboral Local – PLL) einstimmig beschlossen und müssen durch eine Vollversammlung bestätigt werden. Die Gewerkschaft Comisiones Obreras schaltete die Internationale Arbeitsorganisation/ILO in Genf ein und wandte sich an ihre Partnerorganisationen in anderen US-Stationierungsländern (England, Deutschland etc.). (11)

Die Folge dieser Auseinandersetzungen waren mehrere Dutzend Strafverfahren. Julio Malvido, Präsident des Arbeiterkomitees und Angestellter der US-Bibliothek in Rota, wurde am 25.9.2000 fristlos vom Dienst entlassen und vor dem Strafgericht in Cádiz angeklagt. Er hatte sich während der Arbeitszeit geweigert, englisch zu sprechen, (12) dafür forderte der Staatsanwalt 18 Monate Haft. (13) Darüber hinaus fühlen sich die Streikaktivisten durch den amerikanischen Marinegeheimdienst Naval Criminal Investigative Service (NCIS) politisch verfolgt. Bis heute sind die Arbeiter ihren Dienstpflichten nachgekommen und haben mit ihren Protestaktionen keinerlei weitergehende Forderungen in Bezug auf die US-Kriegspolitik erhoben. Dennoch sehen die Sicherheitsfanatiker in dem andauernden Arbeitskonflikt ein Risiko, zumal sich die USA derzeit im Kriegszustand befinden. In einem neuen Truppenstationierungsabkommen zwischen Spanien und den USA, das am 10. April unterzeichnet wurde, haben sich beide Seiten darauf verständigt, den Arbeitskonflikt innerhalb der nächsten 6 Monate, also bis Oktober 2002, zu lösen. (14) Allerdings kündigte der Abteilungsleiter für Politische Fragen im Verteidigungsministerium, Francisco Javier Jiménez-Ugarte, an, daß nicht alle Forderungen der Arbeiter erfüllt werden würden. Die kämpferischen Arbeiter bleiben daher skeptisch.

Militärbasis Rota bei Cádiz

Die Kaserne am Ende der Straße Calvario ist mit einer Fläche von fast 25 qkm einer der größten Militärstützpunkte in Europa. Rota wird von Spaniern und Amerikanern gemeinsam genutzt, es dient als spanische "Base Naval" bzw. amerikanische "Naval Station". Der Militärkomplex umfaßt sowohl einen Fliegerhorst, als auch einen Kriegshafen. (15) Die spanischen Streitkräfte haben in Rota rund 5.000 Soldaten und 1.000 Zivilbeschäftigte unter dem Kommando von Admiral Francisco Manuel Pardavila Crespo stationiert. Rota in der Bahía de Cádiz ist der wichtigste der fünf spanischen Marinestützpunkte. Hier hat der Admiralsstab der Marine seinen Sitz. Die beiden wichtigsten Kampfverbände sind im Kriegshafen am Südrand der Basis stationiert: Zur Grupo de Combate Alfa gehören der Flugzeugträger Príncipe de Asturias mit der 5. und der 10. Escuadrilla de Aeronaves (9 HS.9 Sea King bzw. 18 VA.1A/B Sea Harrier) an Bord und die 41. Escuadrilla de Escoltas mit 6 Fregatten der Santa María-Klasse (Santa María, Victoria, Numancia, Reina Sofía, Navarra und Canarias). Von der Grupo Anfibio Delta sind in Rota zwei Landungsschiffe der Galicia-Klasse (Galicia und Castilla) sowie mehrere Patrouillenschiffe stationiert. Zusätzlich unterhalten die Marineflieger in Rota kleinere Flugeinheiten. (16)

Rota ist neben Morón eine der beiden Militärbasen, die die US-Streitkräfte heute noch in Südspanien betreiben. (17) Einen Kilometer von der Atlantikküste entfernt ist Rota ein wichtiger Anlaufpunkt für alle transatlantischen Truppen- und Materialverlegungen. Der auf dem Stützpunkt unter dem US-Kommandeur Richard Noble dauerhaft stationierte Personalbestand beträgt 3.000 Soldaten und 250 US-Zivilbeschäftigte mit 3.000 Familienangehörigen. Hinzu kommen rund 1.270 spanische Arbeiter in amerikanischen Diensten. (18) Die tatsächliche Zahl der US-Soldaten ist durch den täglichen Flugverkehr oder gelegentliche Schiffsbesuche wesentlich höher und kann in Ausnahmefällen bis zu 9.000 Mann erreichen. Die US-Basis ist so umfangreich ausgestattet, daß die US-Soldaten ihr Ghetto nie verlassen müßten. Zur Infrastruktur gehören zwei Schulen, ein Krankenhaus, Bibliothek, Fußballplatz, Swimmingpool, Golfplatz etc. Die Kontakte zwischen der spanischen Zivilbevölkerung und den US-Soldaten beschränken sich auf das Notwendige. Man ist im Umgang miteinander "korrekt", eine zelebrierte "Freundschaft", wie man sie aus der Bundesrepublik kennt, gibt es in Spanien nicht.

Für die US-Streitkräfte ist Rota eine der wichtigsten Basen für Militärspionage in Europa. Die Marineflieger unterhalten hier ihre Eloka-Aufklärungsstaffel VQ-2 mit fünf Flugzeugen vom Typ EP-3E Aries II und zwei Maschinen zur U-Boot-Bekämpfung P-3C Orion. Hinzu kommen zwei Verbindungsflugzeuge UC-12M Super King Air. Der amerikanische Abhördienst unterhält in Rota eine Naval Security Group Activity (NSGA) mit 90 Mann unter dem Kommando von Bob R. Nicholson. Der NSGA betreibt eine von weltweit sechs Fleet Ocean Surveillance Information Facilities (FOSIFs), mit denen der gesamte Schiffsverkehr überwacht wird. (19) Weithin sichtbares Zeichen der geheimen Aktivitäten im Nordteil der Militärbasis ist eine ringförmige Wullenweber-Ortungsantenne vom Typ AN/FRD-10 Flaghoist mit einem Durchmesser von ca. 260 Metern. Das Worldwide High Frequency Direction Finding System besteht aus insgesamt zehn Antennen mit einer Reichweite von jeweils 5.000 km. (20) Die Anlage in Rota leistet auch Beiträge zum weltweiten US-Abhörsystem Echelon, wie das Europaparlament feststellte. (21) Zur Führung der US-Einheiten im Atlantik und im Mittelmeer ist Rota mit den entsprechenden Kommunikations- und Kommandoanlagen des U.S. Naval Computer and Telecommunications Area Master Station Europe Central Detachment (NCTAMS EURCENT DET) ausgerüstet. (22) Die 725th Air Mobility Squadron betreibt das Management für die US-Transportflugzeuge, die täglich in Rota zwischenlanden. Die SEAL-Sonderkommandos sind durch die Naval Special Warfare Unit 10 (NSWU-10) mit 30 Mann vertreten. (23) Die Pioniere der Fleet Construction Force (Seabees) habe in Rota eine Kompanie stationiert.

Amerikanische Kriegsschiffe der 6th US Fleet sind gegenwärtig nicht in Rota stationiert. Landungsschiffe der Wasp-Klasse nutzen den Kriegshafen alle sechs Monate als Versorgungs- und Wartungsbasis. (24) Panzerfahrzeuge der US-Marineinfanterie, die am Persischen Golf im Einsatz waren, werden erst nach Rota überführt, um hier gemäß den amerikanischen Seuchenschutzbestimmungen gereinigt zu werden, bevor sie in die USA zurückverlegt werden dürfen. Für die Bewachung der Militärbasis sind die Naval Police und die Marine Corps Security Company Rota zuständig. Zu den Aufgaben des Ortsbüros des Naval Criminal Investigative Service (NICS) unter der Leitung von Geoff Yeowell gehören die Kriminalitätsbekämpfung, insbesondere Sexualstraftaten, Drogendelikte und Alkoholmißbrauch. (25)

click to see it larger click to see it larger
click to see it larger

 

Fliegerhorst Morón de la Frontera

Der Fliegerhorst von Morón liegt 15 km westlich der Stadt an der Landstraße in Richtung Sevilla. Er ist eine "Base Aéreo" der spanischen Luftwaffe bzw. amerikanische "Air Base". Die Spanier haben in Morón das Jagdfliegergeschwader Ala de Caza No. 11 mit zwei Staffeln stationiert. Die 111. Escuadron ist mit acht C.15 (Hornet), die U-Jagd-Staffel 221. mit sieben P.3 (Orion) ausgestattet. (26) Die Rollbahn ist so lang, daß sie als Notlandeplatz für den amerikanischen Space Shuttle ausgesucht wurde. Die US Air Force nutzt den Flugplatz nur als Reservestützpunkt (standby base). Normalerweise sind hier rund hundert Mann von der 496th Air Base Squadron unter dem Kommando von Frau Oberstleutnant Deborah S. Van de Ven disloziert, die den Flugplatz betriebsbereit halten. (27) Außerdem hat das amerikanische Kommando für Weltraumkriegführung, SPACECOM, in Morón 15 Mann vom Detachment 4 der 18th Space Surveillance Squadron stationiert, die hier ein Teleskop betreiben. In Morón sind rund 320 Zivilbedienstete beschäftigt, in der Mehrzahl handelt es sich um spanische Staatsbürger. (28)

Erst in Kriegszeiten spielt Morón eine wichtige militärische Rolle, dann kann die Basis mehrere tausend Soldaten aufnehmen. Während des 2. Golfkrieges war Morón eine Einsatzbasis für die B-52-Bomber. Im Vorfeld des Kosovokrieges stationierte die US Luftwaffe im Februar 1999 in Morón die 92nd Air Expeditionary Wing (AEW) mit 800 Soldaten und 37 Tankflugzeugen. Dieser Einsatzverband war die größte Tankerflotte seit dem Ende des Vietnamkrieges. Bereits am 20.9.2001 wurden die ersten elf Flugzeuge von Morón an den Persischen Golf in Vorbereitung des Afghanistankrieges verlegt. (29) Darüber hinaus wird Morón seit Januar 2000 verstärkt durch Transport- und Luftbetankungsgeschwader genutzt, so daß ständig fast 500 Soldaten und 20 Flugzeuge auf der Basis präsent sind. (30)

Neues Abkommen zur Truppenstationierung

Die Stationierung amerikanischer Truppen auf der iberischen Halbinsel erfolgt gemäß den allgemeinen Bestimmungen aus dem NATO-Truppenstatut (Status of Force Agreement – SOFA) vom 19.6.1951. (31) In diesem Rahmen haben die USA und Spanien ein Zusatzabkommen (Agreement on Defense Cooperation (ADC) bzw. Convenio de Cooperación para la Defensa) abgeschlossen, das am 4. Mai 1989 in Kraft trat. Dieses Vertragswerk ist nun noch ausgeweitet und aktualisiert worden: Am 10. April 2002 unterzeichneten die Außenminister der beiden Staaten, Colin Powell und Josep Piqué, ein geheimes Änderungsabkommen (Protocol of Amendment bzw. Protocolo de Enmienda), das bis zum Jahr 2010 gültig sein soll. (32) Darin wurden alle "technischen Fragen" im Sinne der US-Regierung geregelt. Um nach außen hin die Fassade zu wahren, heißt es in Artikel 16, daß die Militärbasen in Rota und Morón auch künftig unter spanischem Kommando stehen werden, obwohl achtzig Prozent des Terrains in Rota von den US-Streitkräften allein genutzt wird. (33)

Die Amerikaner dürfen die Infrastruktur ihrer Militärbasis in Rota gemäß dem Plan "Rota Vision 2010" noch ausbauen: (34) Dafür will die US-Regierung über 200 Mio. Dollar aufwenden und die spanische Regierung versucht gegenwärtig bei der NATO zusätzliche Gelder locker zu machen. (35) Für die Schwerlasttransporter C-5 Galaxy sollen 14 zusätzliche Abstellplätze angelegt werden, um einen Ausgleich für die geplante Schließung des US-Fliegerhorst in Frankfurt am Main im Jahr 2005 zu schaffen. Außerdem werden zwei neue Stellplätze für Flugzeuge mit "gefährlicher Ladung" errichtet. Die Kapazitäten des Betankungssystem des Flughafens werden erheblich ausgebaut, so daß das Auftanken einer Galaxy von 120 auf 20 Minuten reduziert werden kann. Im Kriegshafen soll ein Kai erweitert und ein vierter neu angelegt werden. In der Tageszeitung der US-Streitkräfte "Stars and Stripes" hieß es dazu: "Wenn die NATO eine neue Operation wie DESERT STORM am Persischen Golf beginnen sollte, wäre Rota eine Schlüsselstation für einen Zwischenstopp der Fracht- und Truppentransporter in Europa – neben Ramstein und Spangdahlem in Deutschland." (36)

Vor dem Hintergrund des gegenwärtigen "Krieges gegen den Terrorismus" hat die spanische Regierung den US-Streitkräften weitgehende Zugeständnisse im Sicherheitsbereich gemacht. Schon nach den Anschlägen vom 11. September 2001 war in Rota und Morón die höchste Alarmstufe, Threat Condition Delta, ausgerufen worden. Die spanischen Arbeiter wurden für den Rest des Tages nach Hause geschickt. Am 18. April 2002 begann die Operation EAGLE EYE, mit der Vorbereitungen von Terroranschlägen gegen US-Militärbasen entdeckt werden sollen. (37) Gemäß Artikel 12 des neuen Truppenstationierungsvertrages dürfen die US-Geheimdienste ihre Aktivitäten zum Schutz der US-Militärbasen erheblich ausweiten und unter diesem Vorwand im ganzen Land herumspionieren. (38) Darüber hinaus wurde in Artikel 17 eine engere Kooperation der militärischen Sicherheitsdienste (Naval Criminal Investigation Service und Air Force Office of Special Investigations bzw. das spanische Centro Nacional de Inteligencia) vereinbart. (39) Schon einmal, im Juni 1988, scheiterte ein Bombenanschlag der Roten Armee Fraktion (RAF) auf die US-Basis in Rota. (40)

Noch in einem zweiten Punkt verzichtet die spanische Regierung auf ihre Hoheitsrechte. Sie stimmte zu, daß US-Soldaten, die in Spanien Straftaten begangen haben, nicht an die spanische Justiz überstellt werden müssen, sondern diese bleiben unter amerikanischer Obhut. Dies gilt nicht in gleicher Weise für die 200 spanischen Soldaten in den USA. Sollte einer von ihnen eine Straftat in den USA begehen, ist er der amerikanischen Justiz unterworfen. (41) Um den Spaniern ihren weitgehenden Souveränitätsverzicht zu versüßen, wurde zusätzlich eine verstärkte Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Rüstungsproduktion vereinbart. Damit innenpolitische Auseinandersetzungen vermieden werden, wird der Vertrag nicht dem spanischen Parlament zur Ratifizierung vorgelegt. (42)

Der sozialdemokratische Ministerpräsident von Andalusien, Manuel Chaves, hatte sich vor Unterzeichnung des Abkommens wiederholt gegen eine Modernisierung und Ausweitung der Basen in Rota und Morón ausgesprochen. (43) Schließlich gibt es ein Problem, über das alle Seiten am liebsten Stillschweigen bewahren, das ist die Umweltverschmutzung, die seit Jahrzehnten von den Militärbasen ausgeht. Auf Grund der Erfahrungen an anderen US-Standorten ist mit einer Verseuchung durch Altöl, Asbest, Lösungsmitteln, PCB, Schwermetallen etc. zu rechnen. (44) Eine öffentliche Diskussion über die möglichen Gesundheitsfolgen könnte – zumindest im Fall Rota – den internationalen Tourismus gefährden, der neben den Amerikanern der größte Arbeitgeber in der Region ist. (45)

Willy Meyer, der verteidigungspolitische Sprecher der Izquierda Unida (IU) warf dem spanischen Regierungschef José María Aznar vor, er sei ein "Vasall" der USA und habe "einen Teil der nationalen Souveränität" verkauft. (46) Er kritisierte, daß der spanische Verteidigungsminister den USA die Nutzung von Rota für deren militaristische Politik "bedingungslos" erlaubt habe. Rota sei ein "strategischer Luftbrückenkopf" für die aggressive US-Kriegsplanung: "In Europa gibt es gegenwärtig nur drei Basen dieser Qualität: eine in Deutschland (Ramstein) und zwei in Spanien (Rota und Morón)." (47) Auch Ignasi Guardans von der katalanischen CiU machte "verfassungsmäßige Bedenken" gegen das Abkommen geltend. (48) Die spanische Friedensbewegung veranstaltete am 1. April 2002 ihren "16. Marsch nach Rota". Die Parole lautete: Nein zur NATO, Basen Raus!

Fazit: Arbeitskampf im Anti-Terrorkrieg

In ihrem weltweiten Krieg gegen den Terrorismus sind die USA auf Bündnispartner angewiesen. Auch das NATO-Mitglied Spanien leistet mit rund 700 Soldaten einen Beitrag für die International Security Assistance Force (ISAF) in Kabul. Darüber hinaus übt die US-Regierung außenpolitischen Druck aus, um für die in den Partnerstaaten stationierten US-Truppen und Geheimdienste mehr Rechte zu erringen. So ist Spanien nur eines von mehreren Ländern, in denen die USA ihre Militärpräsenz für gegenwärtige und zukünftige Interventionen auf- bzw. ausbauen. Dabei sind die Regierungen der Stationierungsländer gezwungen, einen Teil ihrer Souveränitätsrechte an die US-Streitkräfte abzutreten, nicht einmal die Möglichkeit einer parlamentarischen Kontrolle ist noch gegeben. Die US-Truppen gebärden sich als Fremdkörper im Stationierungsland.

Der Arbeitskampf der spanischen Arbeiter in Diensten der US-Streitkräfte hat in den letzten zweieinhalb Jahren gezeigt, daß Zugeständnisse von der amerikanischen Regierung kaum zu erringen sind. Bei einem Militärhaushalt von 380 Milliarden Dollar wären es lediglich "peanuts", die Zivilbeschäftigten angemessen zu entlohnen. Aber die Möglichkeiten der Arbeitnehmer und ihrer Gewerkschaften sind im Lohnkampf der Zivilisten gegen die Militärs allzu gering. "Wenn Dein starker Arm es will, stehen alle Räder still", ist eine bekannte Parole aus der Geschichte der Arbeiterbewegung; hier erweist sie sich als hohle Phrase. 1.590 Arbeitnehmer sind ein zu kleines Rad im Getriebe, um die Militärmaschinerie beeindrucken zu können. Weil aber die USA zwischenzeitlich ihren sogenannten Anti-Terrorkrieg begonnen haben, stellen nun die streikenden Arbeiter ein "antimilitaristisches Restrisiko" dar, und dies könnte ihnen bei der Durchsetzung ihrer privaten Lohnforderungen schließlich doch noch zu einem "Sieg" verhelfen, mögen auch die nationalen Politiker längst gegenüber den Forderungen der USA kapituliert haben.

 

Gerhard Piper ist wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit (BITS).

 

Endnotes:

(1) N.N., Solidaridad incondicional, pero no implicación ciega, El Mundo, 16.9.2001, www.el-mundo.es/papel/2001/09/16/opinion/1047904_imp.html

(2) Ein Feuermann erhält ein monatliches Bruttogehalt von 2.199,61 Euros, ein Übersetzer 1.604,52 Euros und eine Reinigungskraft maximal 1.051,80 Euros: Siehe: U.S. Forces, Rates of Pay and Allowances for Employees of the Spanish Military Administration Who are utilized by the U.S. Forces in Spain, 1.1.2001.

(3) Antonio Hernández-Rodicio, La plantilla de Rota endurecerá las protestas, El País, 13.4.2001.

(4) Zur Gesetzeslage siehe: United States Code, Title 5 Administrative Personnel, Section 5332. Innerhalb der Organisationsstruktur des Pentagon ist der Civilian Personnel Management Service (CPMS) für die Zivilbediensteten zuständig.

(5) Retired American Military Iberian Council (RAMIC), Job Opportunities available at Moron Air Base, www.usmra-se.tripod.com/ramic/

(6) Im Anhang 8 des damaligen Stützpunktabkommens heißt es: "Jede Übereinkunft zwischen dem (spanischen) Verteidigungsministerium und den Arbeitnehmervertretern wäre abhängig vom vorangegangenen Übereinkommen zwischen dem Verteidigungsministerium und den Streitkräften der USA. Das Ausstehen einer solchen Übereinkunft in den Gesprächen zwischen dem Verteidigungsministerium und den Vertretern der lokalen Arbeitnehmer kann nicht einer juristischen Entscheidung oder Urteil unterworfen werden." Siehe: Luis Miguel Fuentes, Rota se planta contra el ‚patron’ americano, El Mundo, 9.4.2002.

(7) CCOO, CC.OO. llevará la situación de los trabajadores de la Base de Rota, Gaceta Sindical, 17.10.2000, S. 3.

(8) N.N., Los trabajadores de la base naval de Rota dicen que ‘el Gobierno central actúa de mamperreros de los americanos’, www.labolsa.com/noticias/20020405163935/

(9) Cortes Generales, Diario de Sesiones del Congreso de los Diputados, Madrid, 7.11.2000, S. 2896-2899

(10) N.N., Suspendida la visita del Rey a Rota para evitar la protesta laboral, El País, 19.5.2001.

(11) CCOO, CC.OO. llevará la situación de los trabajadores de la Base de Rota, Gaceta Sindical, 17.10.2000, S. 3.

(12) Jose Landi, Expulsado del trabajo por no hablar inglés en la base de Rota, El Mundo, 26.9.2000, www.el-mundo.es/2000/09/26/espana/1N0036.html

(13) Goretti Cornejo, El Partido Andalucista pide más implicación del Gobierno Andaluz en el conflicto laboral, in: Partido Andalucista, andalucismo.and, Oktober 2000, S. 4

(14) N.N., Trillo afirma que el conflicto de la Base concluirá pronto, información Cádiz, 8.5.2002, S. 21.

(15) Zu den entsprechenden Fliegerkarten siehe: Ministerio de Defensa, Manual Del Piloto – Tomo II, Madrid, Februar 2001 Auf der Basis verteilt sind immerhin 426 Dienst- und 806 Wohngebäude. (N.N., Rota – Visión General, www.arrakis.es/~jap/descripciongeneral.htm

(16) Die 3a Escuadrilla (mit Hubschraubern HA.18), die 4a Escuadrilla (drei Verbindungsflugzeuge Cessna U.20) und die 6a Escuadrilla (Hubschrauber HS.13).

(17) Außerdem ist in Torrejón de Ardoz bei Madrid eine Einheit mit 35 Mann stationiert, um im Kriegsfall Verlegungen von US-Kampfflugzeuge an den Persischen Golf zu überwachen.

(18) U.S. Naval Station Rota, Organization, www.rota.navy.mil/navsta

(19) Jeffrey T. Richelson, U. S. Intelligence Community, 1985, S. 88. Die Flugzeuge haben folgende Seriennummern: EP-3E (156519, 156529, 157316, 157325, 157326), P-3C (156525 und 159886) und UC-12M (163839 und 163842)

(20) John Pike, AN/FRD-10 Classic Bullseye, www.fas.org/irp/program/collect/classic_bullseye.htm

(21) Europäisches Parlament, Nichtständiger Ausschuß über das Abhörsystem Echelon, Das Sekretariat, Mitteilung an die Mitglieder, Brüssel, 2001, www.europarl.eu.int.meetdocs/committees/temp/20010122/430420de.doc

(22) www.rota.navy.mil/navsta/

(23) www.specialoperations.com/Navy/Overview.htm

(24) Marni McEntee, Furious pace is the rule when ship arrive in Rota, Stars and Stripes, 23.7.2000. Von 1964 bis 1979 war Rota die erste Einsatzbasis für strategische, amerikanische Atom-U-Boote mit Polaris- bzw. Poseidon-Raketen.

(25) Scott Schonauer, Porn surfers on Navy computers beware: Big Brother is watching you, Stars and Stripes, 19.6.2001.

(26) www.scramble.nl/mil/3/eda/orbat.htm#LERT

(27) US Air Force, Morón Air Base, www.moron.af.mil/commander.html

(28) John Pike, Morón Air Base, www.globalsecurity.org/military/facility/moron.htm

(29) N.N., Once aviones estadounidenses despegan de la base de Morón, El Mundo, 20.9.2001.

(30) John Pike, Morón Air Base, www.globalsecurity.org/military/facility/moron.htm

(31) NATO, Agreement Between the Parties to the North Atlantic Treaty Regarding the Status of their Forces, London, 19.6.1951, www.nato.int/docu/basictxt/b510619a.htm

(32) Ministerio de Asuntos Exteriores, Comparencencia Senor Ministro a Petición Propia Ante la Comisión de Asuntos Exteriores del Congreso de los Diputados, Madrid, 8.4.2002

(33) Miguel González, Piqué asegura que el convenio con EEUU respeta la soberanía espanola, El País, 9.4.2002.

(34) Naval Station Rota – PWD Planning Division, Rota Vision 2010, Rota. o. J.

(35) N.N., Chaves pide que se compense a Rota y Morón, Información Rota, 3.5.2002, S. 8.

(36) Marni McEntree, Military planners have a vision to bring Rota into 21st century, Stars and Stripes, 2000. Auch im spanischen Parlament wurde über den Ausbau von Rota debattiert. Siehe: Cortes Generales, Diario de Sesiones del Congreso de los Diputados, Madrid, 20.3.2001, S. 3462-3469.

(37) RAMIC, Rota Retiree Newsletter, June 2002, S. 17.

(38) Peru Egurbide, Servicios de investigación criminal de EEUU prodrán actuar en Espana con el nuevo convenio, El País, 6.4.2002, www.elpais.es/articulo.htm...lpepinac&type=Tes&d_date=20020406

(39) Retired American Military Iberian Council (RAMIC), Rota Retiree Newsletter, Mai 2002, S. 3.

(40) Till Meyer / Maria Kniesburges, Anschlag auf Nato-Basis verhindert?, taz, 21.6.1988, S. 2. Zu den drei Beteiligen soll Andrea Klump gehört haben.

(41) Miguel González, Espana acepta que EEUU continúe en las bases de Rota y Morón hasta 2010, El País, 5.4.2002.

(42) Miguel González, El acuerdo de EEUU con Espana sobre servicios secretos no irá al Parlamento, El País, 10.4.2002.

(43) N.N., Chaves aboga por compensar a Rota por el uso de la Base, Diario de Cádiz, 26.4.2002.

(44) John M. Broder, U.S. Military Leaves Toxic Trail Overseas, Los Angeles Times, 18.6.1990. Siehe auch: Environmental Quality Division, Directorate of Engineering and Services, Headquarters US Air Force, Inventory of Contaminated Sites at United States Air Force Overseas Installations, Washington, 12.4.1991 oder 92.

(45) Isabel González Sicilia, El turismo se consolida como la principal industria de la provincia, Información Cádiz, 8.5.2002, S. 15. Im Bundesland Andalusien gab es im April 2002 362.600 Arbeitslose, das entspricht einer Quote von 12 Prozent.

(46) N.N., IU Acusa a Aznar de "Vender parte de la Sobernía Nacional", Europa Press, 9.4.2002, www.izquierda-unida.es/iualdia/2002/abril/09/USAbases.htm

(47) Willy Meyer, El Papel Asignado a Espana en la Respuesta Militar de Los EE.UU., IU al Dia, 28.9.2001, www.izquierda-unida.es/iualdia/2001/septiembre/28/portada.htm

(48) Miguel González, Piqué asegura que el convenio con EEUU respeta la soberanía espanola, El País, 9.4.002.